Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
hiermit stelle ich folgenden öffentlichen Antrag zur Behandlung in der kommenden
Krankenhauszweckverbandssitzung im Jahr 2020:

Die Krankenhauszweckverbandsversammlung möge beschließen:
Die Geschäftsführung, vertreten durch Frau Monika Röther und Herrn Dr. Andreas Tiete, wird bis zur
nächsten Zweckverbandssitzung aufgefordert, schriftlich und mündlich zu berichten, ob die Einführung
einer Gebühr in Höhe von 10€ oder 20 € für die Patienten der Notfallklinik umsetzbar ist.

Dabei ist insbesondere auf folgende Punkte einzugehen:
1. Die aktuelle Patientenanzahl und Auslastung der Notfallklinik
2. Untergliederung der Patienten in schwere, mittelschwere und leichte „Notfälle“
3. Der wirtschaftliche Einfluss der Notfallklinik auf das Ergebnis und den Jahresabschluss des
Krankenhauszweckverbands Ingolstadt bzw. deren Beteiligungen
4. Zu erwartende Auswirkungen der Gebühr auf die Patientenanzahl und das Ergebnis des Klinikums
Ingolstadt

Begründung:
Das Klinikum Ingolstadt ist das größte Krankenhaus in der Region 10 – eine Planungsregion mit einer Bevölkerung von circa einer halben Millionen Personen. Dementsprechend unentbehrlich ist eine Gewährleistung der ununterbrochenen Versorgung von Patienten durch das Klinikum Ingolstadt. In Anbetracht dessen müssen die Personalressourcen des Klinikums sinnvoll und effizient eingesetzt werden.
Nichtigkeiten, wie Schürfwunden, abgebrochene Fingernägel o.ä., sind nicht in der Notfallklinik (vormals Notaufnahme) zu behandeln. Die freien Kapazitäten müssen für die dringenden und schweren Fälle frei zur Verfügung stehen. Infolgedessen sollte über eine Einführung einer Gebühr von 10€ oder auch 20€ nachgedacht werden, um den Andrang zur Notfallklinik Einhalt gebieten zu können. Auch sind zusätzlich andere Maßnahmen, wie beispielsweise eine verstärkte Aufklärung diesbezüglich auf den Internetauftritten
des Klinikums Ingolstadt, in Erwägung zu ziehen.
Umfangreicher ausgeführt wurde dies unter anderem auch in einem Zeitungsartikel der Bayerischen Staatszeitung, der hier nachzulesen ist:
https://www.khagatharied.de/fileadmin/dms/News/Pressemitteilungen_und_Bilder/Pressespiegel/20012
4_Bayerische_Staatszeitung_Die_Notaufnahmen_der_Krankenhaeuser_bersten.pdf
In seinem Artikel für die Bayerische Staatszeitung kritisiert Herr Kelbel, seines Zeichens Geschäftsführer des Krankenhauses Agatharied GmbH, die Entscheidungsbefugnis der Kassenärztlichen Vereinigung
Bayerns bei der Ausgestaltung der Notdienstversorgung an unseren Krankenhäusern.
Wie er völlig korrekt feststellt, sind die Notaufnahmen und die an Krankenhäuser angeschlossenen Notfallpraxen stark ausgelastet und arbeiten oft an der Leistungsgrenze.
Kebel spart nicht an Kritik: Die Qualität „könne besser sein“, „Kooperationsärzte“ wiesen eine „sehr unterschiedlich ausgeprägte Motivation auf“, „Ärzte der Region könnten oder wollten“ Sprechzeiten nicht abdecken, er stellt in Frage, ob die fachliche Qualifikation der klinischen Notfall- und Akutmedizin von der Kassenärztlichen Vereinigung vorgegeben werden solle.
Die Stoßrichtung von Herrn Kebel als Geschäftsführer einer Krankenhaus GmbH, ist nicht zu übersehen:
Die weitere Öffnung und Erschließung der Versorgungsstrukturen des Deutschen Gesundheitswesens für kapitalgetriebene Versorgungsnetzwerke wie z.B. Fresenius, Rhön-Klinken und verschiedene GmbHs.
Die rasant steigenden Anforderungen an kleine medizinische Versorgungseinheiten, in der Mehrzahl Einzelpraxen, trifft die selbständige Medizinerschaft hart. Die Anforderungen in QM, QS, DSGVO, Hygienerichtlinien nach RKI trifft kleine Betriebe hart und verschafft großen Versorgungsnetzwerken, wie sie in England und den USA bereits existieren, einen klaren Vorteil, nicht zuletzt durch günstigere Einkaufspreise und oben genannte Synergieeffekte.
Die Implementierung dieser Richtlinien dürfte die Frucht effektiven Lobbyings der Pharmabranche und Investmentgesellschaften sein.
Wird den Deutschen Einzelpraxen durch taktische Bürokratisierung das Leben schwer gemacht, sinkt der Verkaufswert ihrer Praxen, falls diese sich nicht auf dem neuesten Stand befinden. Dieser Verkaufserlös sollte bei vielen Ärzten jedoch die Rentenversorgung sichern.
Ein weiterer Sekundäreffekt ist die Abschreckung von Studienabgängern, selbst eine Praxis zu eröffnen und damit zur Flächendeckung im Gesundheitswesen beizutragen.
Diesen Absolventen bleibt nichts anderes übrig als in Privatpraxen oder in Versorgungsnetzwerken zu arbeiten, wo sich ihr Verdienst nach dem Umsatz bemisst.
Diese Tatsache stellt einen Skandal dar, denn immerhin muss der medizinische Dienst am Menschen laut hippokratischen Eid nach dem Indikationsprinzip geleistet werden, d.h. es muss getan werden, was zur Genesung des Patienten beiträgt, nicht was für die Kapitalgeber oder Aktionäre die meiste Rendite erbringt.
Weiterhin haben private Versorger den phantastischen Luxus mit angestellten Ärzten über Mitarbeiter zu verfügen, deren Ausbildung den Deutschen Staat pro Person 450.000€ gekostet hat. In diesem Fall erscheint es angemessen, dass die Kassenärztliche Vereinigung die Regeln im Gesundheitswesen bestimmt.
Sollten sich private Versorger weiter derart durchsetzen, ist für alle Mitarbeiter des Gesundheitswesens weiter mit Gehaltsstagnation zu rechnen, weil aus Gründen der Gewinnmaximierung selbstverständlich Personen aus dem Ausland als Arbeitskräfte angeworben werden. Dies drückt das Lohn- und Leistungsniveau und baut unnötig Sprachhürden auf.
Der wahre Grund für die Überlastung von Notaufnahmen und Notfallpraxen ist die Auslastung der Kapazitäten mit medizinischen Lappalien.
Sämtliche Mitglieder der Rettungsdienste und des Notfallpersonals wissen um dieses Phänomen:
Patienten verbrauchen wertvolle Zeit des Fachpersonals, weil sie z.B. extrem alkoholisiert vom Rettungswagen abgeholt werden müssen. In Notfallpraxen erscheinen in der Nacht Patienten mit Kratzwunden von ihrer Hauskatze, oder weil sie sich die Hand aufgeschrammt haben. Dies sind unzumutbare, frustrierende Zustände.
Viele dieser Fälle sind nicht als Notfall zu bewerten und gehören in die Obhut des Hausarztes in seinen normalen Öffnungszeiten.
Hier helfen auch nicht Herrn Kebels private Versorgungsnetzwerke.
Die AfD spricht sich für eine Lösung aus, die bereits vor Jahren gegen eine ausufernde Überfrequentierung der medizinischen Versorgungsstrukturen sich bewährt hat: die Praxisgebühr. Dieses Instrument hat den „Wartezimmer-Tourismus“ spürbar auf ein angemessenes Maß reduziert.
Mit Sicherheit werden die Fallgrenzen zu bestimmen sein, jedoch dürfte Einigkeit herrschen, dass der Unterschied zwischen einem schwerverletzten Unfallopfer und einem Patienten mit eingewachsenem Zehennagel auf der Hand liegen.

Mit freundlichen Grüßen
Oskar Lipp, Bezirksrat