Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Scharpf,
aus drängender Sorge um das Gemeinwohl unserer Stadt möchte ich mich auf
direktem Wege an Sie wenden. Wie vergangene Woche von Bau-Referentin Frau
Ulrike Wittmann-Brand zu erfahren war, soll in den nächsten Tagen der Antrag
auf Nutzungsänderung des Betreibers des Ara-Hotels entschieden werden. Da der
Mieter des Ara-Hotels die Ihnen im übertragenen Wirkungskreis vorgesetzte
Regierung von Oberbayern ist, liegt der Ausgang des Genehmigungsverfahrens
auf der Hand. Demzufolge soll es zukünftig möglich sein, statt Hotelgästen im
Wohnkomplex des Ara-Hotels 120 Migranten unterzubringen.
Ich möchte Sie nachdrücklich auffordern, eine so weitreichende Entscheidung dem
Stadtrat vorab und umfassend zur Kenntnis zu bringen und durch den Stadtrat
beschließen zu lassen!
Wie Ihnen bekannt, hat die Stadt Ingolstadt den staatlichen Verteilungsschlüssel
für die Migrantenaufnahme bereits übererfüllt. Wir liegen mittlerweile bei einer
Unterbringungsquote von 134%. Es ist im demokratischen Interesse der Bürger in
öffentlicher Aussprache zu erfahren, aus welchem Grund die Stadt Ingolstadt eine
der gut erreichbaren und sichtbaren Hotel-Adressen von Ingolstadt für die Nutzung
weiterer Unterkünfte für Migranten einsetzen möchte. Welche Rolle spielt die
Regierung Oberbayern? Handelt es sich bei der Genehmigung faktisch um ein
Insichgeschäft des Staates ohne echte Mitbestimungsmöglichkeit der Stadt
Ingolstadt?
Die Öffentlichkeit, vertreten durch die gewählten Stadträte, hat ein Recht, zu
erfahren, welche Kosten auf unsere zukünftig hoch überschuldete Stadt zukommen
werden. Übernimmt die Regierung Oberbayern nur die unmittelbaren Mietkosten?
Es ist insbesondere meine Sorge um das Gemeinwohl der Ingolstädter Bürger,
weshalb ich Sie zu einem öffentlichen und demokratischen Entscheidungsprozess
auffordere. Die Ingolstädter sollen mitreden können, welche Personengruppen
bevorzugt der Hotelunterbringung bedürfen!
Wie wollen Sie erklären, Herr Oberbürgermeister, dass geistig behinderte Kinder,
die nach einem Artikel des Donaukuriers (ANLAGE) keine Unterkünfte zur
Betreuung mehr finden, das Nachsehen haben sollen?
Und wie steht es um die zukünftige Unterbringung unserer Studenten in
Ingolstadt? Jede Entlastung wirkt sich auch auf die völlig überhöhten Mietpreise
aus.
Aus den genannten Gründen fordere ich Sie höflich auf, das laufende
Genehmigungsverfahren auf Nutzungsänderung des Ara-Hotels auszusetzen und
unverzüglich dem Stadtrat zu überantworten. Sehr geehrter Herr
Oberbürgermeister, aufgrund der Dringlichkeit erlaube ich mir diesen Brief auch
der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Oskar Lipp, StR